Inplay-Info » Spieljahr: 1920 » [ Zum Kalender ]
Januar 1920
M D M D F S S
1 2 3 4
5 6 7 8 9 10 11
12 13 14 15 16 17 18
19 20 21 22 23 24 25
26 27 28 29 30 31
Februar 1920
M D M D F S S
1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13 14
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28
29
März 1920
M D M D F S S
1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13 14
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28
29 30 31



Alltagsleben: Nachtleben
Allgemeines
» Hintergrund » Quellen
Alltagsleben
» Ehe » Familie » Freizeit » Kleidungsstil » LGBTQ+ » Nachtleben » Shell Shock
Politik
» Armee » Frauenrechte » Partizipation » Regierung
Soziale Schichten
» Arbeiter » Aristokratie » Bürgertum » Mittelschicht » Oberschicht » Unterschicht
Wirtschaft & Soziales
» Arbeitswelt » Bildung » Einwanderung » Gesundheit » Technologie » Wirtschaft
Wohnviertel
» Birmingham » Grafschaften » London
Alltagsleben: Nachtleben
Neben den gesellschaftlichen und politischen Veränderungen der 20er Jahre in Großbritannien, war vor allem das florierende Nachtleben geprägt durch die Sehnsucht nach Freiheit, sowie eine spürbare Aufbruchsstimmung und dem Wunsch nach dem Vergessen der Erfahrungen des I. Weltkrieges.

Wer es sich leisten konnte, ging in einen der vielen Jazzclubs, die sich durch die Einflüsse Hollywoods auch in Großbritannien im Verlauf der 20er Jahre großer Beliebtheit erfreuten, oder besuchte die unzähligen Kabaretts, die dank neuer politischer Freizügigkeiten und unter dem Schutzmantel der künstlerischen Freiheit, nicht nur in satirischer Form die Unzulänglichkeiten der Politik und Regierenden, sowie die soziale Ungerechtigkeit der oberen und unteren Klassen thematisierten, sondern auch mit gesellschaftlicher Normen kokettierten, wie u.a. die Rolle von Mann und Frau. Das Spielen mit Geschlechterrollen, insbesondere die Travestiekunst fand in den unzähligen Kabaretts des Landes einen Schutzraum, in dem auch Homosexuelle beziehungsweise Transsexuelle ihre Sexualität und Identität frei ausleben durften.

Auch diverse Tanzlokale, in denen sich zumeist die Arbeiterklasse und Mittelschicht einfanden um, neben dem bekannten Foxtrott auch Charleston zu tanzen, erfreuten sich großer Beliebtheit und waren, neben Herrenclubs, die eher der Oberschicht und Aristokratie vorbehalten waren, ein Teil des Nachtlebens.
Daneben zählte der Besuch des Kinos zu einer preisgünstigen Alternative zum Theater und Kabarett, das sich auch die breite Masse leisten konnte. Zu den beliebtesten Filmen der 20er Jahre in Großbritannien gehörten u.a. "A Cottage at Dartmoor", "Piccadilly" und Hitchcocks "Blackmail". Charlie Chaplin war, neben seiner Schauspielkollegin Janet Gaynor einer der berühmtesten Schauspieler seiner Zeit.

Neben den florierenden Jazzclubs und diverser Tanzlokale, gab es innerhalb des englischen Nachtlebens natürlich auch die Nachtclubs, denen eine gewisse Ruchlosigkeit nachgesagt wurde. Vor allem der Club "The 43" in Soho, London galt als eine der gefährlichsten und zwielichtigen Adressen in Großbritannien der 20er Jahre und es kam nicht selten vor, dass die Londoner Polizei vermehrt wegen Ruhestörungen, Störungen der guten Sitten, Waffengewalt, Schwarzbrennerei, Geldwäsche und Prostitution gerufen wurde, Natürlich waren Nachtclubs nicht allein eine Anlaufstelle für die breite Unterschicht der 20er Jahre und nicht jeder Nachtclub beherbergte Kriminelle oder Angehörige des irischen Mobs, sondern war vor allem ein Teil der sexuellen Revolution von Frauen, Transsexueller, sowie Homosexueller, die einen Schutzraum für sich fanden und oftmals standen diese Nachtclubs unter der Leitung von Frauen, die insbesondere jungen Frauen beziehungsweise schwangeren Frauen Unterschlupf und Versorgung anboten.

Daneben stellte vor allem für die ärmeren Schichten, insbesondere die Arbeiterklasse, ein Besuch der Pubs eine willkommene Abwechslung zu dem oftmals sehr anstrengenden Arbeitsalltag dar, denn die Preise für einen Whiskey, einen Irish Stew beziehungsweise einen English Pie waren verhältnismäßig niedrig. Da man sich häufig keine Liveband in den Pubs leisten konnte und in den Radios am Anfang der 20er Jahre auch noch keine Musik gespielt wurde, behalf sich die arbeitende Klasse mit dem Singen von Sea Shanties, die oftmals bereits durch die Arbeit in den Fabriken des Landes bekannt waren, die man während der Arbeitszeit sang um die Moral aufrecht zu erhalten.


Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, was damals in den Fabriken und den Pubs gesungen wurde, findet hier eine Playlist der gängigsten Shanties (geprüft durch das National Archive des Britischen Zensus): https://open.spotify.com/playlist/1RE5BK...7WioV5dtTB

Wer hingegen einen Eindruck über die Musik der vielen Tanzlokale und Jazzclubs gewinnen möchte, der findet hier eine - ebenfalls durch das National Archive geprüfte - Playlist:
https://open.spotify.com/playlist/4gIJjw...jHCZUtZOyk