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Februar 1920
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März 1920
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Politik: Partizipation
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Politik: Partizipation
Die 20er Jahre waren geprägt durch ein sich verändertes Verständnis von Menschenrechten, das Recht auf Krieg und auf Frieden, sowie der Partizipation an Entscheidungen der Regierung und der allgemeinen Willensbildung des Volkes.
Durch die Erfahrungen des I. Weltkrieges waren weite Teile der Bevölkerung von der konstitutionellen Monarchie desillusioniert und begannen landesweit für ihre Rechte einzutreten beziehungsweise diese auf der Straße einzufordern; auch mit und durch Gewalt. Aufstände und Demonstrationen, bei denen es immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen mit der Polizei und dem Militär kam, waren in den 20er Jahren keine Seltenheit. Aber ebenso Streiks der Arbeiter und das Erstarken der Gewerkschaften, boten den Anstoß zu einem veränderten Verhältnis von Machtinhabern und des Volkes.

Wahlrecht

Mit dem 1918 in Kraft getretenen Representation of the People Act, ein Gesetz zur Reform des Wahlrechtes, erhielten alle Männer ab dem 21. Lebensjahr und alle Soldaten, die im I. Weltkrieg gedient hatten, mit der Vollendung des 19. Lebensjahres das allgemeine Wahlrecht; unabhängig von ihrem Einkommen oder ihren Besitztümern, wenn sie sich mindestens für die Dauer 1 Jahres im Vorfeld der Wahl in Großbritannien aufgehalten hatten.
Frauen hingegen erhielten das Wahlrecht erst ab der Vollendung des 30. Lebensjahres unter der Voraussetzung des Besitzes von Land, oder geldwerten Gütern in der Höhe von mind. £5 (etwa £1,956.00 in heutiger Kaufkraft) beziehungsweise, wenn ihr Ehemann über dies verfügte. Erst mit dem veränderten Gesetz des Representation of the People (Equal Franchise) Act 1928 erhielten Frauen unabhängig ihres Besitzes beziehungsweise des Besitzes ihres Ehemanns, ein allgemeines Wahlrecht ab 21. Jahren.
Die Unterschicht, sowie Vorbestrafte, darunter auch Homosexuelle und Transsexuelle beziehungsweise Menschen mit Beeinträchtigungen, oder nachweislich "Schwachsinnige", die sich in Nervenheilanstalten aufhielten, waren vom Wahlrecht ausgeschlossen.
1920 besaßen 12.9 Millionen Männer und 8.5 Millionen Frauen das Recht zur Wahl der Regierung.


Gewerkschaften (Trade Union)

Bereits während des I. Weltkrieges wurden Gewerkschaften zu einer der wichtigsten, sozialen Triebfedern der Arbeiterklasse. Insbesondere durch die rasant wachsende Nachfrage und den Bedarf an Kriegsmaterialien, insbesondere aus den Bereichen Stahl, aber auch Kohle für die Energieversorgung, gelang es den Gewerkschaftsführen für die Arbeiter bessere Bedingungen, wie erhöhte Schutzmaßnahmen, Arbeitszeiten und Löhne auszuhandeln.
Nach der Beendigung der I. Weltkrieges geriet die britische Wirtschaft jedoch in eine massive Rezession durch die globalen Einbrüche auf den Export- und Importmärkten. Insbesondere die vormals florierenden Zweige der Stahl-, Kohle- und Textilindustrie erlitten erhebliche Einbußen. Lohnkürzungen, Personalstreichungen und die Verlängerung der Arbeitszeit der Arbeiter waren zumeist die Antwort auf die verschlechterte, wirtschaftliche Lage der Fabriken, was zu einem massiven Anstieg von Streiks der Arbeitnehmer führte. Allein 1921 verzeichnete Großbritannien bereits 85 Millionen Streiktage.
Die Regierung versuchte der wachsenden Belastung der Wirtschaft durch die streikenden Arbeitnehmer durch anhaltende Gespräche und Konsensfindungen zwischen Firmen und Gewerkschaften zu begegnen. Arbeitnehmer und Gewerkschaftsführer waren im regelmäßigen Austausch mit der Regierung und den Firmenbesitzer und hielten regelmäßige Treffen im Regierungssitz in 10 Downing Street ab, wobei man insbesondere die jährlich stattfindenden Treffen des Trades Union Congress mit Sorge aufgrund von Radikalisierungstendenzen beobachtete.


Aufstände (Riots) & Demonstrationen

Nicht nur Streiks waren ein allgegenwärtiges Bild im Großbritannien der 20er Jahre, sondern aufgrund der sehr schlechten sozialen Situation der Unterschicht und Arbeiterklasse kam es immer wieder zu teils äußerst blutigen Straßenschlachten in den Städten, die zum Teil durch Untergrundorganisationen wie Angehörige der Mafia oder des Irischen Mobs befeuert wurden. Auch links-liberale beziehungsweise sozialistische Gewerkschaften riefen ihre Arbeiter zu massiven Gewalttaten und Auseinandersetzungen an und mit der Polizei und des britischen Militärs auf, die sich gezwungen sahen um der anwachsenden Eskalation Herr zu werden, auf die Zivilbevölkerung mit scharfer Munition zu schießen.
Gerade in den Slums von London kam es gehäuft zu Plünderungen, Einbrüchen und massiven Protesten gegen Fabrikbesitzer und Angehörige der Oberschicht beziehungsweise des Adels.
Neben den oftmals blutigen Kämpfen, gab es jedoch auch zum Teil friedliche Demonstrationen, die oftmals bis zu 10.000 Menschen zählte. Vorrangiges Thema waren dabei die schlechten Lebensbedingungen, die immense Armut, die Frage nach höheren Löhnen und Verringerung der Arbeitszeit. Aber auch Frauen organisierten Protestmärsche und Sitzstreiks beziehungsweise Mahnwachen. Einer der langanhaltenden Protestmärsche, die insbesondere von Frauen geführt wurde, war die Beendigung der Zwangsernährung und der Exekution von in britische Kriegsgefangenschaft geratenen Soldaten, die im September 1918 begannen und sich bis ins Spätjahr 1919 hineinzogen, als die britische Regierung beschloss, die Kriegsgefangenen an die jeweiligen Länder im Austausch der eigenen Soldaten zurückzuführen.


Suffragetten

"MEN! What are you? TYRANTS? Or PHILOSOPHERS? Or FOOLS? As TYRANTS we will fight you. As PHILOSOPHERS we will argue you down. As FOOLS we express our contempt for you", proklamierte die Zeitschrift "Votes for Women" 1908 und fight war in den Anfängen des 20. Jahrhunderts unter der militanten Frauenrechtsbewegung der Suffragetten (vom engl. suffrage: Wahlrecht) durchaus ernst zu verstehen, denn die Aktivistinnen scheuten nicht vor zivilem Ungehorsam, offensiven und defensiven Widerstand, sowie Gewalt gegen Sachen und Personen zurück als Mittel um ein allgemeines Frauenwahlrecht zu erwirken.
Der Begriff Suffragetten geht dabei auf einen Bericht der Daily Mail zurück, die der Frauenemanzipation kritisch bis ablehnend gegenüberstand und vor allem die männliche Bevölkerung gegen die Aktivistinnen aufwiegeln wollte und diese verunglimpfte. Auch die Liberal Party, die bei der Gründung der Women’s Social and Political Union 1903 noch regierende Partei war, verurteilte die Bewegung. Während vor allem ziviler Ungehorsam, sowie Streiks, Sitzblockaden und Demonstrationen als Mittel galten um auf die Situation von Frauen aufmerksam zu machen, zeichnete sich gegen Ende der 1910er Jahre zunehmende Radikalisierungstendenzen ab; wohl auch, da sehr viele Anhängerinnen und Aktivistinnen der Suffragetten in den Militärdienst eintraten. Allein in den Jahren 1917 bis 1918 verdingten sich 170.000 Frauen im Militärdienst an der Waffe und waren aktiv im Kriegsgeschehen an der Front im Einsatz.
Trotz ihres zum Teil terroristischen Einsatzes für Frauen, der sich nicht nur allein gegen die Regierung richtete, sondern auch zivile Gebäude und Ziele mit einschloss und der massiven Verunglimpfung durch die britische Regierung bzw. einiger Zeitungen, hatten die Suffragetten auch Anhänger in männlichen Regierungskreisen; insbesondere der Labour Party. Aufgrund des massiven Protestes der Suffragetten kam es 1918 zum Franchise Act, sowie zu einer allgemeinen Besserstellung von Frauen, die entweder geschieden oder deren Männer im Krieg gefallen waren. So verpflichtete sich die Regierung u.a. zu Unterhaltszahlungen an Witwen und deren Kinder, die zuvor keinerlei Anspruch auf Unterstützungsleistungen besaßen.